Kaum hat sich die EU dazu durchgerungen, in Fragen der Grünen Gentechnik den Rückwärtsgang einzulegen und die bisher auf EU-Ebene zu treffenden Entscheidungen über die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen im Wesentlichen den Mitgliedsstaaten zu überlassen, streiten sich CDU, CSU und SPD über die Frage, ob in Deutschland der Bund oder die Länder für solche Verbote zuständig sein sollen. Dieselben Politiker, die für die Re-Nationalisierung gekämpft haben, wenden sich jetzt heftig gegen einen „Flickenteppich“, wenn in Deutschland die Länder für GVO-Verbote zuständig sein sollen. „Dass in Zukunft infolge des europäischen Rückwärtsgangs in 26 Ländern, darunter zum Beispiel in Luxemburg, Malta, Belgien, Österreich und der Slowakei, GVO-Fragen anders als bei den Nachbarn entschieden werden können und entschieden werden, soll keinen „Flickenteppich“ entstehen lassen? Was sich die Bundesregierung und vor allem die roten Genossen einschließlich ihrer grünen Wunschpartner in der Opposition jetzt leisten, ist „groteskes Theater“, so Rehberger.
Wer für eine alleinige Zuständigkeit des Bundes plädiere, übersehe offensichtlich, dass die Rahmenbedingungen, insbesondere die Größenverhältnisse der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sehr unterschiedlich sind, so der FGV-Vorsitzende weiter. Wer alles „über einen Kamm scheren“ und nur den Bund entscheiden lassen wolle, verstoße gegen das Grundgesetz. Dies habe offenbar Landwirtschaftsminister Schmidt angesichts des absehbaren Desasters der CSU im Verfahren des Bundesverfassungsgerichtes über das voraussichtlich verfassungswidrige bundeseinheitliche Betreuungsgeld erkannt. Wenn er beim GVO-Recht auch die Länder in die Verantwortung nehmen wolle, respektiere Minister Schmidt also ein Gebot des Grundgesetzes.
Der neuerliche Streit um die grüne Gentechnik, der durch die rechtlich gebotene Zulassung von 19 GVO-Produkten durch die EU-Kommission neue Nahrung gefunden hat, lässt es nach Meinung des FORUMs GRÜNE VERNUNFT dringend geboten erscheinen, das Gentechnik-Gesetz der Bundesrepublik grundlegend zu erneuern und zu entschlacken. Dies gilt umso mehr angesichts der neuesten wissenschaftlichen Fortschritte auf diesem Gebiet (Crispr/Cas), wie sie von maßgeblichen Repräsentanten der deutschen Wissenschaft kürzlich vorgestellt worden sind.
Dazu hat das FGV-Vorstandsmitglied Dr. Christel Happach-Kasan folgende Erklärung abgegeben: „Wir brauchen eine grundlegende Änderung der Politik im Umgang mit biotechnologischen Züchtungsmethoden. Es geht eben nicht beides, auf der einen Seite den Wunsch des gesellschaftlichen mainstreams nach Verboten zu befriedigen und gleichzeitig entsprechend dem inzwischen umfassenden Fachwissen zu handeln.
Deswegen sollte ein klarer Schnitt gemacht werden: Bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen und der Zulassung von Produkten aus GV-Pflanzen müssen allein die Eigenschaften entscheidend sein und nicht die Vorlieben von Ministern. Bei Arzneimitteln, Vitaminen, Enzymen etc. ist das schon lange so. Schließlich werden neue Automodelle auch nicht nach den Geschmacksvorstellungen von Regierungen zugelassen.
In einem demokratischen Rechtsstaat müssen Zulassungsentscheidungen für Produkte allein aus fachlichen Erwägungen gefällt werden. Allein die Sicherheitsanforderungen, die einzuhalten sind, müssen von Parlamenten definiert werden. Dann erübrigt sich das ping-pong-Spiel zwischen Regierungen und Kommission bei der Zulassung von GV-Pflanzen.
Alle wollen Geld. Unternehmen wollen es durch den Verkauf ihrer Produkte verdienen. Kampagnenorganisationen und Umweltverbände wollen Spenden einsammeln und bedienen deshalb die Skepsis der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber der Gentechnik. Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz bleiben auf der Strecke, obwohl alle sagen, dass dieser Schutz ihr oberstes Anliegen sei. Quark mit Sauce. Gentechnik ist längst Alltag."